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„Das Wesen der Dressur ist Harmonie“

9. September 2023

„Das Wesen der Dressur ist Harmonie“

 

Frankreichs Pauline Basquin (FRA) und Sertorius de Rima Z haben bei der EM in Riesenbeck begeistert

 

Pauline Basquin und Sertorius de Rima Z waren eines der Paare bei den FEI Europameisterschaften der Dressurreiter in Riesenbeck, die sich heimlich, still und leise in die Herzen der Zuschauer getanzt haben. Erst seit vergangenem Jahr sind die Französin und der 13-jährige Zangersheider Wallach v. Sandro Hit fester Bestandteil der internationalen Dressurszene, gehörten unter anderem zum siegreichen Team im Nationenpreis von Rotterdam. Gestern im Grand Prix Special feierten sie ihren bislang größten Einzelerfolg, als sie sich mit 73,328 Prozent für die morgige Kür qualifizierten. Nach Meinung der – ausgesprochen zahlreichen – Zuschauer hätten es auch noch ein paar Punkte mehr sein dürfen. Die Vorstellungen der zierlichen 44-Jährigen und ihres eleganten Dunkelbraunen stehen unter der Überschrift „Harmonie“. Basquin sagt, für sie das Wesen der Dressur. Dabei begann ihre Karriere einst im Springsattel.

Pauline Basquins Eltern hatten einen Ponyclub bei Rennes in der Bretagne. Als andere Kinder in ihrem Alter mühsam die ersten Schritte erlernten, saß Pauline schon im Sattel. Das Reiten zum Beruf zu machen, lag auf der Hand. Sie legte die höhere Reitlehrerprüfung – das Pendant zur Meisterprüfung in Deutschland – am Cadre Noir in Saumur ab, der berühmten französischen Reitschule, die man vielleicht als eine Mischung aus Österreichs Spanischer Hofreitschule und deutschem Bundesstützpunkt in Warendorf beschreiben kann (allerdings ohne den Verband im Hintergrund). Nach der Prüfung gab es die Möglichkeit, an einem Aufnahmetest fürs Cadre Noir teilzunehmen. Basquin nutzt die Chance und hat die Kaderschmiede seither nicht mehr verlassen. Das war 2007.

Auftritt Sertorius

Basquin ritt Springpferde, bildete sie aus und stellte sie auf Turnieren vor. Bis 1,35 Meter-Niveau war sie im Einsatz. Doch nach der Geburt ihrer zwei Söhne wollte sie nicht mehr so viele Turniere reiten, stattdessen mehr Galas, die Vorführungen des Cadre Noir, bei denen wie an der Spanischen Hofreitschule in Wien Schulen über der Erde gezeigt werden. Sertorius de Rima Z IFCE kam dreijährig zum Cadre Noir und sollte auch Gala-Pferd werden. Er war klein und zart, daher für die Männer nicht geeignet, Glück für Basquin. Sie bildete Sertorius aus, sollte ihn aber eigentlich abgeben, sobald er bereit für einen anderen Reiter war. Doch als der Wallach fünfjährig war, hatte Pauline Basquin das Gefühl, aus ihm könnte etwas Besonderes werden. Kein Springer für die Galas, sondern ein Pferd fürs große Viereck. „Ich habe es immer geliebt, ihn zu reiten, weil er so intelligent ist und so viel Energie hat“, beschreibt Basquin das Gefühl im Sattel.

Steile Karriere

Der Plan mit dem „weniger Turniere reiten“ erwies sich recht bald als zum Scheitern verurteilt. Siebenjährig wurde Sertorius bestes Nachwuchspferd Frankreichs. Den Titel gewann er ein weiteres Mal auf S***-Niveau. Dann musste er wegen Koliken zwei Jahre pausieren. 2021 kehrte er zurück, 2022 ging er seine ersten internationalen Grand Prix-Prüfungen und wurde noch im selben Jahr für die Weltmeisterschaften in Herning nominiert. Die Notenkurve des Paares zeigt beständig nach oben. Was es Basquin bedeutet, dass sie morgen in der Kür theoretisch um den Europameistertitel kämpft? „Ich bin überglücklich! Aber ich mache mir überhaupt keinen Druck. Wir wollen das einfach genießen und Spaß haben.“ Ihre Kür-Musik hat Basquin sich quasi ergoogelt, indem sie alles durchhörte, was die Suchmaschine unter dem Stichwort „epische Musik“ auswarf. „Das hat ein paar Stunden gedauert …“ Was herauskam – und von einem Freund arrangiert wurde – passt aus ihrer Sicht sowohl zur Tradition des Cadre Noir, die sie und Sertorius verkörpern, als auch zu den fließenden Bewegungen des Wallachs. Wäre er ein Mensch, wäre er „sehr schön, ein bisschen frech und jemand, der es liebt, im Mittelpunkt zu stehen“, beschreibt Pauline. Da wird er morgen auf seine Kosten kommen, denn ein Gewinner der Herzen ist er auf jeden Fall.

Start der EM-Grand Prix Kür, Sonntag, 10.September, 13.30 Uhr